Viele von uns wissen nicht, was sie bei einem Trauerfall sagen sollen. Uns fehlen schier die Worte oder wir machen uns Sorgen, missverstanden zu werden. Doch gar nichts zu sagen, ist keine gute Lösung. Nicht wenige Freundschaften zerbrechen an Trauerkrisen aufgrund von Unbehagen, Ungeduld und Rückzug oder unausgesprochenen Erwartungen und Enttäuschungen. Wenn dir eure Beziehung etwas bedeutet, ist es wichtig, dass du jetzt und eine ganze Weile lang für die*den Trauernde*n da bist.
Vertraue darauf, dass deine Freundin es durch seine*ihre Verlustkrise schaffen wird. Egal was du tust, du kannst den Schmerz nicht mildern. Aber mach dir bewusst, dass die schwere Last durch deine Präsenz schon ein kleines bisschen leichter wird.
Folgende Grundsätze können für den Umgang mit Trauernden hilfreich sein:
- Weniger reden, mehr zuhören
- Da sein und geduldig bleiben
- Stille oder Weinen aushalten
- Stimmungsschwankungen nicht persönlich nehmen
Vermeide Floskeln:
„Wie fühlst du dich heute?“ ist oft leichter zu beantworten als die umstrittene Frage „Wie geht‘s dir?“ Frage dein*e trauernde*n Freund*in nur, wenn du dir Zeit für eine ehrliche Antwort nimmst. Floskeln wie „Alles geschieht aus einem Grund“ oder „Sei dankbar für die Zeit, die ihr hattet“ helfen der*dem Trauernden wenig. Auch Komplimente sind fehl am Platz, denn jemand, der*die leidet, muss nicht daran erinnert werden, wie stark er*sie ist. Offene, ehrliche und authentische Kommunikation ist wichtig. Wenn du nicht weißt, was du sagen sollst, dann sage am besten genau das: "Ich weiß nicht, was ich sagen soll."
Halte den Schmerz mit aus:
Viele reagieren mit Aufmunterung oder versuchen das Geschehene kleinzureden. Doch das hilft nicht. Egal wie intensiv Trauer wahrgenommen wird und egal wie lange sie andauert, für dein Gegenüber ist die Trauer Realität. Anstatt den Schmerz klein zu reden, versuche dich für all die Emotionen deines Gegenübers zu öffnen und signalisiere ihm*ihr, dass sowohl Tränen als auch Lachen bei dir willkommen sind.
Miteinander schweigen und schwelgen:
Eine wahre Freundschaft offenbart sich oft, wenn man nicht nur gut miteinander sprechen, sondern auch schweigen kann. Wenn du die Stille nicht (mehr) aushältst, aber nicht die richtige Zeit für Ablenkung ist, kann die Frage „Magst du mir von ihr*ihm erzählen?“ ein guter Gesprächseinstieg sein. Viele Trauernde wollen sich an die Verstorbenen erinnern und Anekdoten oder Erinnerungen teilen. Und wenn dein Gegenüber gerade nicht darüber reden will oder zu weinen beginnt, ist das auch ok.
Mache konkrete Angebote:
Der Satz „Melde dich, wenn du etwas brauchst.“ ist für viele Trauernde nicht hilfreich. Besser sind konkrete Angebote, wie z.B. „Kann ich etwas für dich einkaufen?“ oder „Magst du mit uns am Wochenende einen Spaziergang machen?“. Sei geduldig, wenn du Absagen oder keine Antworten bekommst. Nimm Absagen oder schlechte Laune nicht persönlich und versuche es nach einigen Tagen erneut.
Die Zukunft ist jetzt irrelevant:
Versuche in der Gegenwart zu bleiben und sei geduldig. Auf Drängen oder Ziehen reagieren viele mit Rückzug oder Widerstand. Der trauernde Mensch wird in seinem eigenen Tempo an den Punkt gelangen, an dem er seinen Blick nach und nach auch wieder in Richtung Zukunft richten kann.
Vorsicht mit ungebetenen Ratschlägen:
Vermeide Vergleiche und Ratschläge, denn jede Beziehung ist individuell. Was für dich funktioniert, muss nicht für andere passen. Der*die Trauernde muss seinen eigenen Trauerweg gehen. Er*sie wird spüren was hilft und was nicht. Stelle Fragen, hör zu und versuche zu verstehen, anstatt ungefragt deine Perspektive aufzudrängen.
Wenn ich die Kraft hätte, würde ich mein Handy auf den Boden werfen. Ja, ich brauche euch. Ich brauche etwas. Aber was? Woher soll ich das wissen? Ich hatte noch nie einen toten Vater. Ich habe keinen Plan. Ich schreibe nicht. Ich rufe nicht an.
Leonie Andersen